Beginnen wir die Geschichte des Eugensbergs vor 2'500 Jahren. Keine 200 m vom (leider verschlossenen) Eingangstor zur Schlossanlage Eugensberg entfernt im "Eichholz" befinden sich drei markante Grabhügel aus der späteren Hallstattzeit, die rund 2'500 Jahre alt sind:
Hyppolit Saurer (der bekannte Industrielle aus Arbon), damaliger Eigentümer des Eugensbergs, beauftragte 1933 den renommierten Archäologen Karl Keller-Tarnuzzer mit der Ausgrabung und Erforschung der drei Grabhügel.
Die beiden kleineren erwiesen sich leider als schon geplündert; auch die Hauptbestattung im grossen Ringhügel war schon Opfer einer Raubgrabung geworden. Gefunden wurden noch Überreste von regelmässig angeordneten Feuerstellen, Pfeil- und Lanzenspitzen, Messerbruchstücken und Perlen aus Schlacke von Eisenschmelze.
Verschiedene andere Spuren, u.a. eine Aschenurne, wiesen auf etliche Nebenbestattungen hin.
Wo diese Kelten allerdings ihre Wohnstätte gehabt hatten, ist nicht bekannt. Die grosse Siedlung bei Hohenrain (an der Stelle, wo später der historische Napoleonturm stand) scheint aber zu weit entfernt zu sein. Vielleicht gehört sie zu den Gräberfeldern aus der gleichen Zeit oberhalb des Wolfsbergs.
Trotzdem ist der Besuch dieser markanten Grabhügel mit Ihren Kindern ein Sonntagsausflug wert (es ist auch nur ein kleiner Abstecher von der "Route Napoléon"); mich haben sie schon als Knabe immer fasziniert. Und vielleicht treiben Sie in einem Antiquariat noch ein Exemplar der "Inselleute vom Bodensee" von Karl Keller-Tarnuzzer auf - es wird Ihre abenteuerlustigen Kinder auch heute noch begeistern.
Diese französische Keramik aus 1860 auf dem Eugensberg zeigt Napoleon I. und seine Frau Joséphine de Beauharnais. "Ein Stammhalter" war ihnen aber nicht vergönnt, denn diese Ehe blieb kinderlos (obwohl beide mit andern Partner schon Kindern gehabt hatten).
Joséphine war Witwe, denn ihr Mann war unter der Guillotine der französischen Revolution ums Leben gekommen. Sie brachte zwei Kinder aus der Ehe Beauharnais mit in den kaiserlichen Palast:
Eugène und seine jüngere Schwester Hortense.
Eugène war also Napoleons Stief- und später auch Adoptivsohn und diesem immer innig ergeben. Er begleitete ihn als Adjutant auf fast allen Kriegszügen und Schlachten, auch in das Desaster des Winterfeldzugs nach Russland.
So erwarb sich Eugène die Achtung und Unterstützung von Napoleon und wurde für seine Loyalität mit dem Vizekönigtum Italien belohnt.
Auf Weisung von Napoleon musste er Auguste von Bayern, die Tochter des bayrischen Königs Maximilian Joseph, heiraten.
Die für einen Bräutigam so wichtige Frage: sieht Auguste in Wirklichkeit tatsächlich besser aus als auf der Tasse...? Urteilen Sie selbst:
Aus dieser politisch motivierten Heirat wurde dann doch eine lebenslange Liebesbeziehung - anders als die Ehe seiner Schwester Hortense mit Louis, dem König von Holland.
Nach der Niederlage von Napoleon bei Leipzig zog Eugène in die Nähe seines Schwiegervaters nach München; er erhielt zur Sicherung seines Lebensunterhaltes Ländereien und die Titel Fürst von Eichstätt sowie Herzog von Leuchtenberg. Standesgemäss liess er dort den prunkvollen Palais Leuchtenberg errichten.
Nur in Klammern: aus dieser Ehe gingen sieben Kinder hervor, die sich später mit verschiedenen Königshäusern verheirateten - aber ihrerseits noch oft genug in den Haaren liegen sollten:
Drei Gründe mögen beigetragen haben, dass Eugène 1819 dem Landwirt Johann Eigenmann den Gutsbetrieb des Schlosses Sandegg (aber ohne das Schloss) abkaufte und dort den nach ihm benannten "Eugensberg" bauen liess:
- die Nähe zu seiner Schwester Hortense auf Arenenberg
- die Möglichkeit, sich bei politischen Schwierigkeiten in die neutrale Schweiz zurückziehen zu können
- die Faszination für prunkvolle Schlösser
Während zweier Jahre erbaute ein unbekannter Architekt ein schön proportioniertes, dreigeschossiges Hauptgebäude im Empire-Stil.
Allerdings war es Eugène nur noch zweimal kurz vergönnt, seine neue Residenz zu geniessen: Er wurde kränklich, erlitt zwei Schlaganfälle und starb 1824, erst 42-jährig.
Das Schloss Eugensberg ging nun an die zweitälteste Tochter Eugénie, die sich im Jahre 1826 mit dem Fürsten Friedrich von Hohenzollern vermählte. Diese Familie bewohnte das Schloss aber nur den Sommer über.
Schon im Jahre 1834 verkaufte Prinzessin Eugénie das gesamte Gut an Heinrich von Kiesow von Augsburg, einem Hersteller von "Balsam und Lebensessenzen", um sich ihre neue Villa Eugenia in Hechingen zu finanzieren.
Damit endete die napoleonische Linie auf Eugensberg wieder.
Im selben Jahr erwarb Kiesow auch die Ruine der abgebrannten Sandegg und errichtete dort eine Aussichtsplattform. Sandegg und Eugensberg waren nun wieder vereint.
1857 ging das ganze Gut an die Gräfin Amalie von Reichenbach-Lessonitz über; ihre Tocher Pauline erbte es 1912.
Hyppolit Saurer, einer der Industriellen aus Arbon, kaufte die Anlage 1915. In der Folge liess er sie renovieren und vergrössern.
1939 wurde der Eugensberg in eine Stiftung umgewandelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht; fünf Jahre später, gegen Kriegsende, als die Bevölkerung andere Sorgen als luxuriöse Schlösser hatte und nachdem der Stiftungspräsident Dr. Ullmann aus Mammern ermordet worden war (der Mörder war diesmal nicht der Gärtner des Eugensbergs, sondern dessen Sohn...), wurde sie aber wieder aufgelöst, und Witwe Saurer übernahm wie zuvor wieder die "Alleinherrschaft" auf Eugensberg.
1948 kaufte der Diakonie-Verband Ländli von Oberägeri das Schloss und den Gutsbetrieb, um ein Erholungsheim einzurichten.
Dieses hat 40 Jahre lang Bestand, musste dann aber liquidiert werden.
1990 übernahm die Unternehmerfamilie Erb aus Winterthur die ganze Anlage.
Stillen Sie Ihre Neugierde und besuchen Sie diese Bildergalerie der Thurgauer Zeitung...
Willkommen, im Thurgau, Herr und Frau Schmid, Sie haben sich ein geschichtsträchtiges und architektonisches Schmuckstück ausgelesen!
Finden Sie wohl eine Möglichkeit, der Öffentlichkeit dann und wann Zugang zur Anlage zu gewähren? Wir würden uns freuen!
Alles Wissenswerte zum Schloss, seiner Geschichte, seiner Eigentümer und seiner Ausstattung finden Sie in diesem Buch: "Eugensberg. Ein Schloss und 2500 Jahre Geschichte" von Rudolf Marti (Herausgeber: Rolf Erb).
Es ist leider nicht mehr im Buchhandel erhältlich, aber der Gang in die Kantonsbibliothek Frauenfeld lohnt sich.