Erste menschliche Spuren finden sich auf dem Wolfsberg aus der späten Hallstatt-Zeit: es sind einige Grabhügel mit Brandbestattung aus der Zeit, als auch auf dem Hohenrain Kelten gelebt hatten.
Diese Gräber wurden schon 1897 ausgegraben; zum Vorschein kamen einige Urnen und Scherben.
Lassen Sie also Ihren Spaten zuhause, Sie werden nichts mehr finden, höchstens die Spuren der schweren Waldmaschinen, die die flachen Grabhügel fast plattgewalzt haben...
Gehen Sie doch wenigstens einmal schauen, wo sie gewesen sind.
... hat dem Wolfsberg den Namen gegeben.
Dieser streitbare Junker hatte den Weiler Lanterswilen (nordöstlich des heutigen Wolfsberg) 1570 erworben, doch hegte er bedeutend edlere Wohnansprüche.
So kaufte er Land dazu und liess ein richtiges Schloss errichten - womit er sich aber überschuldete und das Gut 1595 wieder abstossen musste.
Unter Friedrich Gelderich von Siegmarshofen wurde Wolfsberg sogar ein Freisitz (das heisst, er hatte eine eigene Gerichtsbarkeit). Gelderich spendete ums Jahr 1600 Ermatingen 500 Gulden für die Einrichtung einer Freischule, in der die Schüler kein Schulgeld mehr zahlen mussten und die damit auch ärmeren Kindern offen stand.
1731 gelangte der Wolfsberg in den Besitz von Johannes Zollikofer von Altenklingen. Das nebenstehende Aquarell stammt aus etwas späterer Zeit, doch man erkennt den noch heute existierenden Weg von 1744 hinauf zum Schloss. Zollikofer mit Stammsitz auf dem Schloss Altenklingen war der erste Kutschenbesitzer im Thurgau.
Dieser Zufahrtsweg von Johannes Zollikofer existiert noch heute und wird auch gepflegt, doch kaum mehr benutzt. Er ist allerdings so steil, dass man früher noch einen Ochsen vor die beiden Zugpferde spannen musste, um mit der Pariser Kutsche hochzukommen.
Heute nennt man dieses Gebäude Parquinhaus - obwohl Charles Parquin erst der nächste Besitzer sein sollte.
Gebaut hat es der Amsterdamer Bankier Jean Jacques Högger neben dem Schloss mit der "gebührenden Noblesse", wie es sich für einen richtigen Bankier geziemt.
Louise Cochelet und Charles Parquin
C. Stäheli, Schloss Wolfsberg bei Ermatingen, GSK Bern, S. 8
Jetzt kamen die Franzosen ins Spiel: Charles Parquin war Offizier in der „Grande Armée“ und glühender Verehrer von Napoleon I. gewesen. Bald genoss auch er die Gastfreundschaft von Königin Hortense in ihrem Arenenberger Exil - und heiratete ihr gleich ihre Kammerdienerin Louise Cochelet weg.
1824 kaufte er (wohl auf Anraten von Hortense, die kaum Platz für ihre vielen Gäste hatte) den Wolfsberg, baute ihn teilweise nach dem Vorbild von Arenenberg um und richtete die erste mit allem Komfort ausgestattete Fremdenpension ein, die dann auch zahlreiche Arenenberger Gäste beherbergte.
... stehen zu Diensten der Gäste, wie es Parquin in einem Prospekt formuliert hatte.
Für den Genuss dieser Herrlichkeiten bezahlte der Fremde 140 Gulden monatlich plus 35 für den Bediensteten (ein üblicher Tageslohn betrug damals weniger als ein halber Gulden).
Charles Parquin, zwar 22 Jahre älter als Louis Napoleon, unterhielt mit ihm eine enge Freundschaft, und an einem Stammtisch wird es wohl gewesen sein, dass die beiden auf die Idee eines Aussichtsturmes "Belvédère" auf Hohenrain gekommen waren (schriftliche Originaldokumente darüber existieren nicht, nur Sekundärliteratur sowie mündliche Überlieferung).
Sie gründeten eine Aktiengesellschaft, sammelten bei ihren Freunden auf den umliegenden Schlössern Geld und liessen den Turm 1829 erstellen.
Alles Wissenswerte über dieses "Lustgebäude" lesen Sie hier.
Lebenslange Fernsicht auf die Schweizer Alpen sollte Charles Parquin nicht vergönnt sein...
Die Ausgaben für den Unterhalt und Betrieb seiner drei Schlösser Sandegg, Salenstein und Wolfsberg überstiegen Parquins finanzielle Möglichkeiten (er liess sogar das halbe Schloss Salenstein abbrechen, um Unterhaltskosten zu sparen!), und während der Krankheitszeit und nach dem Tode von Hortense dürften auch immer weniger französische Gäste nach Wolfsberg gekommen sein - 1839 kam es zum Konkurs.
So beteiligte er sich an den beiden Putschversuchen von Louis Napoleon in der Hoffnung, auf diese Weise dereinst einen einträglichen Job zu ergattern - doch beide Putschversuche scheiterten, und nach dem zweiten wurde Parquin zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Die restlichen 20 Jahre seines Lebens sass er in einer Zelle im Gefängns von Doullens bei Amiens ein. Bitter für einen Turmbauer und einst so stolzen Offizier der "grande armée"!
Hier befindet sich der Eiskeller. Er ist öffentlich zugänglich und kann leicht von der Strasse aus besichtigt werden.
Parquin liess einen Eiskeller zum Teil aus dem Fels schlagen und zum Teil aufmauern, er hat ein Volumen von ca. 170 Kubikmetern und fasste rund 100 Wagenladungen Eis!
Die Infotafel im Eiskeller:
"Der Eiskeller des Wolfsbergs wurde in den Jahren 1825-1830 vom damaligen Schlossbesitzer Charles Parquin erbaut. Er besteht aus einem gemauerten, eiförmig gewölbten Raum, dessen unterster Teil direkt in den gewachsenen Fels eingetieft wurde. Im Boden befindet sich eine kreisrunde Senke, die der Versickerung des Schmelzwassers diente. Die grösste Höhe beträgt 8 Meter, der grösste Durchmesser 5 Meter. Der Keller fasste rund 100 Gestellwagen Eis.
Grund- und Aufriss; Infotafel im Eiskeller
Blick in die Tiefe
Dieses Eis wurde in den umliegenden Weihern und im See gebrochen resp. herausgesägt und dann im Eiskeller eingelagert. Es soll das ganze Jahr über nicht geschmolzen sein.
Wenn die Eisschicht aus dem umliegenden Weihern wie dem Brugghoweiher im Eiskeller eingelagert war, wurden die Wolfsberger Knechte zum Eisweiher nach Ermatingen geschickt - was jeweils zu erbittertem Streit mit den Ermatinger Fischern geführt hatte...
Auch das Schloss Arenenberg verfügte über einen Eiskeller; die Fischhandlung Läubli in Ermatingen lagerte solche Eisblöcke in einem Nebenraum ein, gut isoliert mit Sägemehl und Weizenspreu. Allerdings bekomme ich verschiedene Antworten von alten Fischern, wie lange es denn gehalten habe; ich fasse diese einmal zusammen mit "bis weit in den Sommer hinein".
Der Eiskeller ist ein ausserhalb des Hauses, an unbesonnter Lage, meist unterirdisch angelegter Raum, in dem man Natureis während des ganzen Jahres aufbewahren konnte. Das Eis wurde im Winter in den umliegenden Weihern und Seen mit speziellen Werkzeugen in grossen Blöcken gebrochen. Es wurde als Kühlmittel für die sich im Haus befindlichen hölzernen Kühlschränke verwendet. Mit der Erfindung der Kältemaschine in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verloren die Eiskeller ihre Bedeutung.
Der Eiskeller des Wolfsberg wurde in den Jahren 2006/07 unter Beizug der Denkmalpflege des Kantons Thurgau restauriert."
Falt-Postkarte von 1910; C. Stäheli, Schloss Wolfsberg bei Ermatingen, GSK Bern, S. 14
Karl Bürgi-Ammann aus der Hotelierfamilie, die das erste Gipfelhotel auf der Rigi betrieb, führte das Schloss ab 1865 als Kurhotel weiter.
Sein Sohn Karl Bürgi-Trescher stattete als Antiquitätensammler die Trinkstube im Schloss aus und entdeckte und erforschte als Hobby-Archäologe die nahe gelegenen (oben erwähnten) eisenzeitlichen Grabhügel.
Während des 1. Weltkrieges blieben dann aber die Gäste aus; das Schloss musste verkauft werden.
Paul Eduard Meyer, Jurist und Schriftsteller unter dem Pseudonym Wolf Schwertenbach, erwarb das Schloss 1938. Während des 2. Weltkrieges wurde er Mitarbeiter des militärischen Nachrichtendienstes unter Roger Masson. Der Wolfsberg wurde zu einer Drehscheibe von geheimen Kontakten mit dem Ausland-Nachrichtendienstes des Dritten Reichs.
Jetzt möchten Sie natürlich gerne wissen, was denn da so alles verhandelt wurde(ich ja auch!): aber wie gesagt, das blieb geheim...
Lageplan aus www.wolfsberg.com
1970 erwarb UBS das historische Anwesen und gestaltete es zu einem Konferenz- und Begegnungszentrum um. 1975 wurden das neu erbaute Zentrum sowie die vollständig renovierten Gebäude dem Betrieb übergeben. Seit 2008 verfügt der Wolfsberg ausserdem über einen neuen Hoteltrakt.
Besuchen Sie das Ausbildungszentrum, wenn nicht wirklich, so doch virtuell auf www.wolfsberg.com.
Es sind gleichzeitig die Quellangaben und meine persönlichen Lesetipps:
R. Abegg, P. Erni, A. Raimann: Rund um Kreuzlingen, die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau; GSK Bern; Bestellung hier
Es liegt auf der Hand: Wenn Sie mit Ihrer Klasse den Napoleonturm und das Napoleonmuseum besuchen, fahren Sie auf dem Weg beim Wolfsberg vorbei.
Schauen Sie dort verstohlen die Schlossanlagen an (herumalbernde Schüler würden wohl nicht gern gesehen...) und besuchen Sie den Eiskeller, der liegt an der Strasse und dort stört das niemanden.
Das ist ein Kühlschrank aus den Tropen, der mit Kerosin betrieben wird. Unter dem Kühlschrank macht man ein Feuer und innen wird's kalt... das fasziniert mich noch heute.
Gehen Sie vom Eiskeller aus und stellen Sie die Frage, wie denn eigentlich heute ein Kühlschrank funktioniert.
Erklären Sie den Schülern im Schulzimmer wenigstens das Prinzip, mit einer Hand-Velopumpe, einer Sprühdose und den nebenstehenden Unterlagen kommen Sie schon weit.
Der Physiklehrer wird später staunen!