"dass wir vast alle in dem Schlamm einsanken bis an die Hüfte"

5. Etappe: Felsberg - Maienfeld, 32 km, 8 h

Wir reiseten den 5. des Morgens von dort ab, und kamen um 9 Uhr in der Stadt Chur an; daselbst gieng unser Beck zu den 4 Häubteren der Stadt, um Erlaubtniss anzuhalten, unsere Frucht das Wasser hinuter führen zu lassen; allein es ward abgeschlagen, es müsse alle Frucht auf der Axt (Achsel) aus dem Land geführet werden, weil ein grosser Betrug wegen dem Zoll auf dem wasser geschehen, da nämlich nächtlicher Weise viele Frucht daselbst durchgefahren, die nicht verzollet worden.

 

Wir setzten also unsere Reise weiter fort gegen den schönen Flecken Zizerz; ohngefehr ¼ Stund unterhalb dieses Orts sahen wir dem Anschein nach einen schönen Weg vor uns, über eine grosse Weid; denselben bewanderten wir anfänglich mit Lust; als wir aber in die Mitte kamen, war er so sumpfig, dass wir vast alle in dem Schlamm einsancken bis an die Hüfte; da mussten die vordersten stehen bleiben, bis dass die hinterher kommenden ihre Last abgeladen, und die Eingesunkenen mit vieler Müh herausgezogen; dieses Wasser ward von dem schon 4 Tag lang angehaltenen Regenwetter verursachet.

 

Endlich bald darauf langten wir bey der ersten Zollbrücke bei Landquart an, wo jede Person eine Blutzger bezahlen musste. In einer ¼ Stund kamen wir zur zweyten Zollbrück des Bündtnerlands, wo jede Person 4 Blutzger bezahlen musste. Daselbst nahmen wir Nachtherberg, bekamen aber für unser Geldt schlechten Wein und Brodt, mussten auf dem harten Boden liegen ohne Stoh; die bether waren da unsichtbar; man wollte uns für alles Versprechen der Bezahlung nicht einmal den offen einfeuern.


"Als wir Speise und Tranck begehrten, so war nichts vorhanden"

6. Etappe: Maienfeld - Schaan, 21 km, 5 h

Als nun endlich der Tag angebrochen, reiseten wir als den 6. Brachmonat auf Werdenberg, und nahmen aber erst in Ragatz unser Frühstück. Abends kamen wir in Werdenberg an, und wollten in dem Würthshauss zum Creutz beherberget werden; als aber auf langes Anhalten die Würthin uns mit rauen Worten angefahren, so entsprachen unsere Trager ihr auf gleiche Weise; wir mussten uns also anderstwo umsehen. Endlich kamen wir zu einem Beck, der hatte weder Mehl noch Säck; er versprach uns Herberg; als wir aber Speise und Tranck begehrten, so war nichts vorhanden, und müssten noch mal umsehen; wir kamen unweit zu einem anderen Becker, der zwar nicht zu Hause war; dessen Weib aber nahm uns auf mit Mitleiden; sie versah uns wohl mit Speis und Tranck; zweyen von uns gab sie ihr bestes Beth, die anderen aber mussten auf dem Heu vorlieb nemmen.

die meistgestellte Frage in diesen Tagen: „Sie, Herr Raimann, habe ich nach dieser Woche auch solche Waden wie Herr Keller?“
die meistgestellte Frage in diesen Tagen: „Sie, Herr Raimann, habe ich nach dieser Woche auch solche Waden wie Herr Keller?“

"lieber auf der Gass schlafen als im Hauss eines schalkhaften Weibs"

7. Etappe: Schaan - Lüchingen, 32 km, 8 h

Den 7. Brachmonat reisten wir auf Reineck, und begehrten die Nachtherberg im Würthshass zur Kronen, allwo wir anfänglich angenommen waren; eine Stund hernach sagte die Würthin, sie könne uns nicht behalten. Hierauf stellten wir vor, wir wollen uns begnügen, es seye im Stall, auf dem Stroh oder Heu oder auch auf dem harten Boden, wann es nur unter dem Dach seyn könne. Weil nun alles Anhalten nichts helffen wollte, so sagten wir unseren Trageren, sie sollen die Frucht auf die Gass hinaus tragen, wir wollen viel lieber daselbst ligen, als in dem Hauss eines schalkhaften Weibs. Auf diese Wort bereutet sie ihr hartes Betragen, rufte uns zurück ins Hauss, und gab uns Herberg auf dem Heuboden.

 


"allwo uns die lieben Unserigen mit Freuden bewillkommten"

8. Etappe: Lüchingen - St. Margrethen / Kreuzlingen - Weinfelden, 28 km, 7.5 h

Den 8. Brachmonat reisten wir auf Staad, wo unsere Trager von Mattigkeit und ausgestandenen Ermüdung vast nicht mehr fort kommen möchten; daher mieteten wir daselbst ein Schiff bis ins Hörnlein [bei Kreuzlingen], wofür wir 4 Kreuzer bezahlen mussten.

Vom Hörnlein setzten wir unseren Weg fort auf Schwaderloch, allwo wir das letzte Mahl einkehrten; und endlich Nachts um 10 Uhr kamen wir glücklich in Weinfelden an, allwo uns die lieben Unserigen mit Freuden bewillkommten. 

Aber dem König der Ewigkeit, dem unsterblichen, dam unsichtbaren, dem allein weisen Gott, sey für seine gnädige Beschützung und Erhaltung und Erhaltung, Lob, Preis, Ehr und Dank gesagt, jetzt und in Ewigkeit! Amen.